
Zeitplan E-Rechnung: Stufenweise Einführung und wichtige Fristen
Julia Müller
Lesezeit ca. 8 Minuten / veröffentlicht am
Übersicht
Der Zeitplan für die Einführung der elektronischen Rechnung in Deutschland folgt einem gestaffelten Ansatz, der Unternehmen ausreichend Zeit für die notwendigen Anpassungen ihrer Systeme und Prozesse einräumt. Seit dem 1. Januar 2025 sind die ersten Bestimmungen in Kraft getreten, während die vollständige Umsetzung bis zum Jahr 2028 schrittweise erfolgt.
Diese mehrstufige Herangehensweise berücksichtigt die unterschiedlichen Ausgangssituationen von Unternehmen verschiedener Größenordnungen und ermöglicht eine planbare Umstellung auf die neuen Anforderungen. Gleichzeitig schafft sie Rechtssicherheit für die beteiligten Akteure und vermeidet abrupte Systemwechsel.
Der strukturierte Zeitplan umfasst sowohl Verpflichtungen für den Rechnungsempfang als auch gestufte Anforderungen für die Rechnungsstellung. Dabei werden kleinere Unternehmen durch erweiterte Übergangsfristen unterstützt, während größere Betriebe früher zur vollständigen Umsetzung verpflichtet sind.
Aktuelle Rechtslage seit Januar 2025
Sofortige Empfangspflicht für alle Unternehmen
Seit dem 1. Januar 2025 besteht für alle deutschen Unternehmen die Verpflichtung, elektronische Rechnungen im B2B-Geschäftsverkehr empfangen und verarbeiten zu können. Diese Empfangspflicht gilt unabhängig von der Unternehmensgröße oder dem Jahresumsatz und erfordert keine vorherige Zustimmung des Rechnungsempfängers.
Die Empfangspflicht umfasst nicht nur die technische Fähigkeit zur Annahme strukturierter elektronischer Rechnungsdaten, sondern auch deren ordnungsgemäße Verarbeitung und revisionssichere Archivierung. Unternehmen müssen daher sicherstellen, dass ihre IT-Systeme entsprechend ausgerüstet sind oder externe Dienstleister beauftragen.
Betroffen sind alle Unternehmen, die steuerbare Lieferungen oder sonstige Leistungen von anderen inländischen Unternehmern empfangen. Dies schließt auch Kleinunternehmer und Betriebe ein, die ausschließlich steuerfreie Umsätze oder Geschäfte mit Privatkunden tätigen, da sie dennoch E-Rechnungen von Lieferanten erhalten können.
Übergangsregelungen für die Rechnungsstellung
Parallel zur sofortigen Empfangspflicht gelten für die Ausstellung elektronischer Rechnungen gestaffelte Übergangsfristen. Diese ermöglichen es Unternehmen, ihre bisherigen Rechnungsstellungsverfahren zunächst beizubehalten und schrittweise auf die neuen Anforderungen umzustellen.
Während der Übergangszeit können weiterhin Papierrechnungen und elektronische Rechnungen in herkömmlichen Formaten wie PDF verschickt werden. Dabei bleibt die bewährte Regelung bestehen, dass für elektronische Rechnungen in nicht-strukturierten Formaten die Zustimmung des Empfängers erforderlich ist.
Die elektronische Rechnung im neuen strukturierten Format kann jedoch bereits seit Januar 2025 ohne Zustimmung des Empfängers versandt werden. Dies schafft Planungssicherheit für Unternehmen, die frühzeitig auf die neuen Standards umstellen möchten.
Übergangsfristen und Stufenplan bis 2028
Regelungen für die Jahre 2025 und 2026
In den Jahren 2025 und 2026 genießen alle Unternehmen maximale Flexibilität bei der Wahl ihres Rechnungsformats. Sowohl Papierrechnungen als auch elektronische Rechnungen in bisherigen Formaten bleiben vollumfänglich zulässig. Diese großzügige Übergangsregelung trägt dem erheblichen Umstellungsaufwand Rechnung, den viele Betriebe bewältigen müssen.
Gleichzeitig können Unternehmen bereits in dieser Phase auf strukturierte elektronische Rechnungen umstellen und dadurch Erfahrungen mit den neuen Prozessen sammeln. Die parallele Nutzung verschiedener Rechnungsformate ermöglicht eine schrittweise Migration ohne Unterbrechung der Geschäftstätigkeit.
Für die technische Umsetzung bedeutet dies, dass Unternehmen bis Ende 2026 Zeit haben, ihre internen Systeme anzupassen und Mitarbeiter zu schulen. Externe Dienstleister können bei Bedarf für die Übergangsphase beauftragt werden, um die Komplexität der Umstellung zu reduzieren.
Verschärfung der Anforderungen ab 2027
Das Jahr 2027 bringt eine erste Verschärfung der Anforderungen, wobei zwischen Unternehmen unterschiedlicher Größenordnungen differenziert wird. Betriebe mit einem Vorjahresumsatz von mehr als 800.000 Euro müssen ab diesem Zeitpunkt strengere Vorgaben einhalten.
Größere Unternehmen können ab 2027 nur noch strukturierte elektronische Rechnungen oder EDI-basierte Formate verwenden. Papierrechnungen und herkömmliche elektronische Formate wie PDF sind für diese Unternehmensgruppe nicht mehr zulässig. Diese Regelung trägt der Tatsache Rechnung, dass größere Betriebe in der Regel über bessere technische und finanzielle Ressourcen für die Umstellung verfügen.
Kleinere Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis 800.000 Euro erhalten eine Verlängerung der Übergangsfristen um ein weiteres Jahr. Sie können auch 2027 noch Papierrechnungen und elektronische Rechnungen in bisherigen Formaten verwenden, sofern der Empfänger zustimmt.
Vollständige Umsetzung ab 2028
Ab dem 1. Januar 2028 gelten die neuen Anforderungen an die elektronische Rechnungsstellung ausnahmslos für alle deutschen Unternehmen im B2B-Geschäftsverkehr. Übergangsregelungen laufen vollständig aus, und sämtliche Rechnungen zwischen inländischen Unternehmern müssen in strukturierten elektronischen Formaten erstellt werden.
Diese finale Phase markiert den Abschluss der Digitalisierung des Rechnungswesens und schafft einheitliche Standards für alle Marktteilnehmer. Die dreijährige Vorbereitungszeit soll sicherstellen, dass auch kleinere Betriebe und spezialisierte Branchen ausreichend Zeit für die Anpassung ihrer Prozesse hatten.
Ausnahmen bleiben lediglich für bestimmte Rechnungsarten bestehen, wie etwa Kleinbetragsrechnungen bis 250 Euro oder Rechnungen über steuerfreie Leistungen. Diese können auch nach 2028 in herkömmlichen Formaten ausgestellt werden.
Technische Anforderungen und Formatstandards
Strukturierte Datenformate nach europäischer Norm
Die elektronische Rechnung muss den Anforderungen der europäischen Normenreihe EN 16931 entsprechen und eine automatisierte Verarbeitung ermöglichen. Dies unterscheidet sie fundamental von bisherigen elektronischen Rechnungsformaten wie PDF, die zwar digital übertragen werden, aber keine strukturierte Datenextraktion erlauben.
Aktuell erfüllen verschiedene Formate diese Anforderungen, darunter die XRechnung, die bereits im öffentlichen Auftragswesen etabliert ist, und das hybride ZUGFeRD-Format, das PDF-Darstellung mit strukturierten XML-Daten kombiniert. Auch internationale Standards wie Factur-X sind zulässig, sofern sie die technischen Vorgaben umsetzen.
Die Wahl des konkreten Formats bleibt den Geschäftspartnern überlassen und sollte idealerweise vorab vereinbart werden. Wichtig ist dabei die Kompatibilität der gewählten Lösung mit den bestehenden IT-Systemen beider Seiten.
Übertragungswege und technische Umsetzung
Für die Übermittlung elektronischer Rechnungen stehen verschiedene technische Wege zur Verfügung. Der Versand per E-Mail stellt dabei die einfachste Lösung dar und dürfte für viele kleinere Unternehmen zunächst ausreichend sein. Größere Betriebe können auf automatisierte Schnittstellen oder zentrale Portallösungen setzen.
Bei der E-Mail-basierten Übertragung ist zu beachten, dass die Sicherheitsrisiken durch häufigere Dateianhänge steigen. Eine Prüfung der Rechnungsdaten auf mögliche Schadsoftware vor der Verarbeitung wird daher empfohlen.
Alternative Übertragungswege umfassen die Bereitstellung über Webportale, den direkten Datenaustausch zwischen ERP-Systemen oder die Nutzung spezialisierter E-Rechnungsdienstleister. Die Wahl hängt von den technischen Möglichkeiten und dem Automatisierungsgrad der beteiligten Unternehmen ab.
Besondere Regelungen für verschiedene Unternehmensgruppen
Kleinunternehmer und Ausnahmetatbestände
Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG sind von der Verpflichtung zur Ausstellung elektronischer Rechnungen befreit, da ihre Umsätze umsatzsteuerbefreit sind. Sie können weiterhin Rechnungen in Papierform oder herkömmlichen elektronischen Formaten ausstellen.
Wichtig ist jedoch, dass auch Kleinunternehmer der Empfangspflicht für elektronische Rechnungen unterliegen. Sie müssen daher sicherstellen, dass sie strukturierte E-Rechnungen von ihren Lieferanten empfangen und verarbeiten können.
Weitere Ausnahmen gelten für Kleinbetragsrechnungen bis 250 Euro und Rechnungen über bestimmte steuerfreie Leistungen. Diese können auch nach vollständiger Umsetzung der E-Rechnungspflicht in herkömmlichen Formaten erstellt werden.
EDI-Verfahren und Bestandsschutz
Unternehmen, die bereits etablierte EDI-Verfahren (Electronic Data Interchange) für den Rechnungsaustausch nutzen, erhalten erweiterte Übergangsfristen. EDI-basierte Rechnungen bleiben bis Ende 2027 zulässig, auch wenn sie nicht vollständig der europäischen Norm EN 16931 entsprechen.
Voraussetzung ist, dass sich die erforderlichen umsatzsteuerrechtlichen Angaben aus dem EDI-Format extrahieren und in ein normkonformes Format konvertieren lassen. Diese Regelung berücksichtigt die erheblichen Investitionen, die viele Unternehmen bereits in EDI-Infrastrukturen getätigt haben.
Ab 2028 müssen jedoch auch EDI-Verfahren vollständig an die neuen Standards angepasst werden oder durch konforme Lösungen ersetzt werden.
Vorbereitung und Handlungsempfehlungen
Kurzfristige Maßnahmen für 2025
Unternehmen sollten prioritär sicherstellen, dass sie elektronische Rechnungen empfangen können. Dies erfordert mindestens ein E-Mail-Postfach und Software zur Visualisierung strukturierter Rechnungsdaten. Die Finanzverwaltung stellt hierfür einen kostenlosen Viewer über ELSTER zur Verfügung.
Parallel dazu empfiehlt sich eine Bestandsaufnahme der aktuellen Rechnungsprozesse und eine Bewertung des Umstellungsbedarfs. Kleinere Betriebe können zunächst auf einfache Lösungen setzen, während größere Unternehmen frühzeitig umfassende Systemanpassungen planen sollten.
Die Kommunikation mit wichtigen Geschäftspartnern über die geplante Vorgehensweise schafft Klarheit und vermeidet spätere Abstimmungsprobleme. Dabei sollten auch die bevorzugten Übertragungswege und Datenformate besprochen werden.
Mittelfristige Strategieentwicklung
Bis 2027 sollten Unternehmen ihre finalen E-Rechnungsprozesse implementiert und getestet haben. Dies umfasst die Auswahl geeigneter Software, die Schulung der Mitarbeiter und die Integration in bestehende Geschäftsprozesse.
Besonders wichtig ist die rechtzeitige Klärung von Archivierungsanforderungen und Compliance-Aspekten. Elektronische Rechnungen müssen in ihrem ursprünglichen strukturierten Format archiviert werden, was entsprechende technische Vorkehrungen erfordert.
Die Evaluierung verschiedener Anbieter und Lösungen sollte ausreichend Zeit für Testphasen und Optimierungen einräumen. Externe Beratung kann dabei helfen, kostspielige Fehlentscheidungen zu vermeiden.
Zusammenfassung
Der Zeitplan für die Einführung der E-Rechnung in Deutschland folgt einem durchdachten Stufenmodell, das Unternehmen ausreichend Zeit für die notwendigen Anpassungen einräumt. Die sofortige Empfangspflicht seit Januar 2025 schafft dabei die Grundlage für den digitalen Rechnungsaustausch, während großzügige Übergangsfristen eine planbare Umstellung ermöglichen.
Die Differenzierung zwischen verschiedenen Unternehmensgrößen trägt den unterschiedlichen Ressourcen und Möglichkeiten Rechnung. Kleinere Betriebe erhalten längere Anpassungszeiten, während größere Unternehmen früher zur vollständigen Umsetzung verpflichtet sind.
Entscheidend für eine erfolgreiche Umstellung ist die frühzeitige Vorbereitung und die systematische Anpassung der internen Prozesse. Die dreijährige Übergangszeit bis zur vollständigen Umsetzung bietet ausreichend Gelegenheit für eine durchdachte Herangehensweise.
Unternehmen sollten die verfügbare Zeit nutzen, um nicht nur die technischen Anforderungen zu erfüllen, sondern auch die Potenziale der Digitalisierung für ihre Geschäftsprozesse zu erschließen. Die E-Rechnung markiert dabei einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu einer vollständig digitalisierten Unternehmenskommunikation.
