
Unternehmensnachfolge sicher gestalten: Rechtliche Tipps für Steuerberater

Julia Müller
Übersicht
Die Unternehmensnachfolge ist ein kritischer Prozess, der weit über finanzielle Aspekte hinausgeht. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind komplex und erfordern eine gründliche Vorbereitung und Gestaltung, um Risiken zu minimieren und einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Steuerberater sind oft die ersten Ansprechpartner und müssen die wesentlichen rechtlichen Fallstricke kennen. Dieser Beitrag beleuchtet zentrale rechtliche Aspekte: Vertragsgestaltung, Rechtsformwahl, steuerliche und erbrechtliche Implikationen sowie Wettbewerbsverbote und Haftungsfragen.
Rechtliche Grundlagen für eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge
Vertragsgestaltung und Rechtsformwahl
Der Unternehmenskaufvertrag (bei externer Nachfolge) oder der Übergabevertrag (oft bei interner/familiärer Nachfolge) ist das Herzstück der rechtlichen Regelungen. Er muss klar und unmissverständlich alle wesentlichen Punkte regeln:
- Kaufgegenstand: Genaue Definition dessen, was übertragen wird (z.B. Anteile (Share Deal) oder einzelne Wirtschaftsgüter (Asset Deal)).
- Kaufpreis: Festlegung des Preises und der Zahlungsmodalitäten (Einmalzahlung, Raten, Earn-out-Klauseln).
- Übergabezeitpunkt: Klar definierter Stichtag für den wirtschaftlichen und rechtlichen Übergang.
- Gewährleistungen und Garantien: Zusicherungen des Verkäufers über den Zustand des Unternehmens und Regelungen bei Pflichtverletzungen.
- Haftung: Klare Zuweisung von Haftungsrisiken für Altverbindlichkeiten oder zukünftige Ansprüche.
Oft geht mit der Nachfolge eine Änderung der Rechtsform einher. Ein Einzelunternehmen oder eine Personengesellschaft wird häufig in eine GmbH umgewandelt, um:
- Haftung zu beschränken: Der Nachfolger haftet nicht mehr unbeschränkt mit seinem Privatvermögen.
- Übertragung zu erleichtern: GmbH-Anteile sind einfacher übertragbar als Anteile an Personengesellschaften.
- Steuerliche Vorteile zu nutzen: Je nach Situation kann die Besteuerung in einer GmbH vorteilhafter sein.
Der Rechtsformwechsel muss sorgfältig geplant und unter Beachtung des Umwandlungsgesetzes (UmwG) und Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) durchgeführt werden.
Steuerliche Implikationen und Erbrecht
Steuerliche Aspekte sind untrennbar mit der rechtlichen Gestaltung verbunden:
- Erbschaft- und Schenkungsteuer: Bei unentgeltlicher oder teilentgeltlicher Übertragung (insbesondere im Familienkreis) sind die komplexen Regelungen zur Verschonung von Betriebsvermögen (§§ 13a, 13b ErbStG) entscheidend. Die Einhaltung von Behaltensfristen, Lohnsummenregelungen etc. muss sichergestellt werden.
- Einkommen-/Körperschaft-/Gewerbesteuer: Die Wahl der Übertragungsform (Share Deal vs. Asset Deal) und der Rechtsform hat erhebliche Auswirkungen auf die laufende Besteuerung und die Besteuerung des Veräußerungsgewinns beim Übergeber.
- Grunderwerbsteuer: Bei Übertragung von Grundstücken im Rahmen der Nachfolge kann Grunderwerbsteuer anfallen, wobei es Befreiungstatbestände gibt.
Erbrechtliche Regelungen sind vor allem bei der Familiennachfolge essenziell:
- Testament/Erbvertrag: Ein klar formuliertes Testament oder ein Erbvertrag regelt die Nachfolge im Todesfall und kann Pflichtteilsansprüche anderer Erben berücksichtigen oder minimieren.
- Gesellschaftsvertrag: Bei Personengesellschaften können Nachfolgeklauseln im Gesellschaftsvertrag die Übertragung regeln und das Unternehmen vor Zersplitterung schützen.
- Vorsorgevollmacht/Patientenverfügung: Ergänzend sollten Regelungen für den Fall der Geschäftsunfähigkeit des Unternehmers getroffen werden.
Wettbewerbsklauseln und Haftungsfragen
- Wettbewerbsverbote: Um den Wert des übernommenen Unternehmens zu schützen, werden oft nachvertragliche Wettbewerbsverbote für den Übergeber vereinbart. Diese müssen inhaltlich, räumlich und zeitlich angemessen sein, um wirksam zu sein. Eine überzogene Klausel kann sittenwidrig und damit nichtig sein.
- Haftung: Der Grundsatz der Betriebsübernahme nach § 613a BGB (bei Asset Deals) und die Erwerberhaftung nach § 25 HGB (bei Firmenfortführung) müssen beachtet werden. Der Erwerber tritt in bestehende Arbeitsverhältnisse ein und haftet unter bestimmten Voraussetzungen für Altverbindlichkeiten. Vertragliche Freistellungsregelungen zwischen Käufer und Verkäufer sind hier wichtig.
Vorbereitung und Durchführung der rechtlichen Prüfung
Due Diligence und rechtliche Beratung
Vor jeder Übernahme ist eine sorgfältige Prüfung des Unternehmens (Due Diligence) unerlässlich. Die rechtliche Due Diligence umfasst die Prüfung von:
- Gesellschaftsrechtlichen Unterlagen (Verträge, Registerauszüge)
- Wesentlichen Verträgen (Kunden, Lieferanten, Miete, Leasing, Arbeitsverträge)
- Genehmigungen und Lizenzen
- Geistigem Eigentum (Marken, Patente)
- Laufenden oder drohenden Rechtsstreitigkeiten
Die Zusammenarbeit mit spezialisierten Rechtsanwälten ist hierbei unverzichtbar. Steuerberater sollten ihre Mandanten auf die Notwendigkeit hinweisen und ggf. geeignete Kooperationspartner empfehlen.
Erstellung eines Notfallplans
Ein unternehmerischer Notfallplan regelt, was im Falle eines plötzlichen, unerwarteten Ausfalls des Unternehmers (Tod, Krankheit, Unfall) geschieht. Er ist Teil einer verantwortungsvollen Unternehmensführung und sichert die Handlungsfähigkeit.
- Vertretungsregelungen: Wer darf handeln? (Prokura, Handlungsvollmacht, Generalvollmacht)
- Zugänge: Passwörter, Schlüssel, wichtige Dokumente.
- Informationen: Wichtige Ansprechpartner (Banken, Berater, Schlüsselkunden/-lieferanten).
- Handlungsanleitungen: Kurzfristige Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Betriebs.
Zusammenfassung
Die rechtliche Gestaltung der Unternehmensnachfolge ist ein komplexes Zusammenspiel aus Gesellschafts-, Steuer-, Erb- und Arbeitsrecht. Fehler können gravierende finanzielle und persönliche Folgen haben. Eine frühzeitige, umfassende Planung unter Einbeziehung qualifizierter rechtlicher und steuerlicher Berater ist unerlässlich. Steuerberater nehmen dabei oft eine koordinierende Rolle ein und müssen die wesentlichen rechtlichen Stellschrauben und Risiken kennen, um ihre Mandanten sicher durch den Nachfolgeprozess zu lotsen.