
Unternehmensnachfolge: Bewertung und Finanzierung optimal gestalten

Julia Müller
Übersicht
Die Bewertung und Finanzierung des Unternehmens sind zentrale, oft komplexe Elemente der Unternehmensnachfolge. Eine realistische Wertermittlung bildet die Basis für Kaufpreisverhandlungen und die Finanzierungsstruktur. Dieser Beitrag bietet einen umfassenden Überblick über die wichtigsten Methoden zur Unternehmensbewertung und mögliche Finanzierungsstrategien. Dabei werden die relevanten Aspekte erläutert, die sowohl für Steuerberater als auch für übergebende und übernehmende Unternehmer entscheidend sind.
Unternehmensbewertung: Methoden und Ansätze
Ermittlung des Unternehmenswertes
Die Unternehmensbewertung ist der erste Schritt in der Vorbereitung auf die Unternehmensnachfolge. Der ermittelte Wert ist oft nicht der endgültige Kaufpreis, sondern eine wichtige Verhandlungsgrundlage. Es gibt verschiedene Methoden, um den Wert eines Unternehmens zu ermitteln, die je nach Branche, Unternehmensgröße und Anlass unterschiedliche Aussagekraft haben.
- Ertragswertverfahren (IDW S 1): Dies ist die in Deutschland am häufigsten angewandte Methode, insbesondere bei etablierten, profitablen Unternehmen. Sie basiert auf der Annahme, dass der Wert eines Unternehmens durch seine Fähigkeit bestimmt wird, zukünftige finanzielle Überschüsse (Erträge) zu generieren. Diese zukünftigen Erträge werden auf den Bewertungsstichtag abgezinst (kapitalisiert).
- Discounted Cash Flow (DCF)-Verfahren: Ähnlich dem Ertragswertverfahren, fokussiert aber auf die zukünftigen freien Cashflows (Zahlungsströme), die dem Unternehmen zur Verfügung stehen. Diese werden ebenfalls abgezinst. International ist diese Methode weit verbreitet.
- Multiplikatorverfahren (Vergleichswertverfahren): Hierbei werden Kennzahlen des zu bewertenden Unternehmens (z.B. Umsatz, EBIT, EBITDA) mit Multiplikatoren vergleichbarer Unternehmen oder kürzlich erfolgter Transaktionen multipliziert. Diese Methode ist marktorientiert und relativ einfach anzuwenden, setzt aber verfügbare Vergleichsdaten voraus.
- Substanzwertverfahren: Ermittelt den Wert durch Addition der Zeitwerte aller materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände abzüglich der Schulden. Dieser Wert stellt oft die Wertuntergrenze dar, berücksichtigt aber nicht die zukünftige Ertragskraft.
Die Wahl der Methode(n) und die Plausibilisierung der Ergebnisse sind entscheidend. Oft werden mehrere Verfahren kombiniert.
Zusammenarbeit mit Experten
Die Unternehmensbewertung ist komplex. Die Zusammenarbeit mit erfahrenen Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern oder spezialisierten M&A-Beratern ist dringend zu empfehlen. Diese verfügen über das notwendige Fachwissen, Marktkenntnisse und Bewertungstools, um eine fundierte und nachvollziehbare Bewertung durchzuführen und bei der Interpretation der Ergebnisse zu helfen.
Finanzierungsmöglichkeiten für die Unternehmensnachfolge
Selten kann der Nachfolger den Kaufpreis vollständig aus eigenen Mitteln aufbringen. Eine solide Finanzierungsstruktur ist daher essenziell.
Eigenkapital und Fremdkapital
Die Finanzierung setzt sich meist aus einer Kombination von Eigen- und Fremdkapital zusammen:
- Eigenkapital des Nachfolgers: Persönliche Ersparnisse, Mittel aus dem Familienkreis. Ein angemessener Eigenkapitalanteil (oft 15-30% des Kaufpreises) ist für Banken meist Voraussetzung für eine Fremdfinanzierung.
- Verkäuferdarlehen: Der Übergeber gewährt dem Nachfolger ein Darlehen zur Finanzierung eines Teils des Kaufpreises. Dies zeigt Vertrauen und kann die Finanzierungslücke schließen, birgt aber auch Risiken für den Verkäufer.
- Fremdkapital (Bankkredite): Klassische Finanzierung über Hausbanken oder Förderbanken. Erfordert Sicherheiten und einen überzeugenden Businessplan.
- Mezzanine-Kapital: Eine Mischform aus Eigen- und Fremdkapital (z.B. stille Beteiligungen, Nachrangdarlehen), oft von spezialisierten Finanzierern angeboten. Kann die Eigenkapitalbasis stärken.
- Beteiligungskapital: Investoren (Private Equity, Business Angels) beteiligen sich am Unternehmen und bringen Kapital ein. Führt zu Mitspracherechten und oft höheren Renditeerwartungen der Investoren.
Fördermittel und Zuschüsse
Bund und Länder bieten vielfältige Förderprogramme zur Unterstützung von Unternehmensnachfolgen:
- KfW-Programme: Die Kreditanstalt für Wiederaufbau bietet zinsgünstige Darlehen (z.B. ERP-Kapital für Gründung, KfW-Unternehmerkredit) und teilweise Haftungsfreistellungen für die Hausbank.
- Bürgschaftsbanken: Übernehmen Ausfallbürgschaften gegenüber der finanzierenden Bank und erleichtern so die Kreditvergabe, wenn Sicherheiten fehlen.
- Landesförderinstitute: Bieten spezifische Programme für Nachfolgen im jeweiligen Bundesland an.
- BAFA-Förderung: Zuschüsse für Beratungsleistungen im Vorfeld der Nachfolge.
Die Prüfung und Beantragung von Fördermitteln sollte frühzeitig erfolgen.
Erstellung eines Finanzierungsplans
Ein detaillierter und realistischer Finanzierungsplan ist die Grundlage für Gespräche mit Banken und Investoren. Er sollte umfassen:
- Kapitalbedarfsrechnung (Kaufpreis, Nebenkosten, ggf. Modernisierungen, Betriebsmittel)
- Finanzierungsstruktur (geplante Quellen: Eigenkapital, Fremdkapital, Fördermittel)
- Rentabilitätsvorschau (Plan-GuV für die nächsten 3-5 Jahre)
- Liquiditätsplanung (Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit)
- Übersicht über vorhandene und benötigte Sicherheiten
- Tilgungsplan für Kredite
Strategische Überlegungen zur Finanzierung
Risikoanalyse und Absicherung
Jede Finanzierung birgt Risiken. Eine sorgfältige Analyse potenzieller Risiken (z.B. Zinsänderungsrisiko, Umsatzrückgang) und die Planung von Absicherungsmaßnahmen (z.B. Zinsfestschreibung, ausreichende Liquiditätsreserven, Versicherungen) sind wichtig.
Langfristige Finanzplanung
Die Finanzierung endet nicht mit der Übernahme. Eine langfristige Finanzplanung muss sicherstellen, dass das Unternehmen die Kapitalkosten tragen kann und Spielraum für zukünftige Investitionen und unvorhergesehene Ereignisse bleibt.
Zusammenfassung
Bewertung und Finanzierung sind kritische Erfolgsfaktoren bei der Unternehmensnachfolge. Eine realistische Bewertung schafft eine faire Basis, eine tragfähige Finanzierungsstruktur sichert die Zukunft des Unternehmens und des Nachfolgers. Die Komplexität erfordert eine frühzeitige Planung und die Einbindung von Experten wie Steuerberatern und spezialisierten Beratern. Die Nutzung von Fördermitteln kann die finanzielle Last erheblich reduzieren.