Ausbildung Steuerfachangestellte: Erfolgsgeschichte gegen den Trend

Ausbildung Steuerfachangestellte: Erfolgsgeschichte gegen den Trend

Julia Müller

Julia Müller

Lesezeit ca. 7 Minuten / veröffentlicht am

Übersicht

Die Ausbildung zum/zur Steuerfachangestellten hat im aktuellen DGB-Ausbildungsreport 2025 eine bemerkenswerte Entwicklung gezeigt. Nach Jahren mittelmäßiger Bewertungen gehört der Beruf nun zu den fünf am besten bewerteten Ausbildungsberufen in Deutschland. Diese positive Entwicklung spiegelt die Bemühungen der Steuerberatungsbranche wider, die Ausbildungsqualität zu verbessern und junge Fachkräfte langfristig zu binden.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund befragte für den Ausbildungsreport 2025 insgesamt 9.090 Auszubildende in den 25 meistfrequentierten Ausbildungsberufen. Die Ergebnisse zeigen nicht nur die Fortschritte in der Steuerberatung, sondern verdeutlichen auch die anhaltenden Herausforderungen auf dem deutschen Ausbildungsmarkt.

Die Verbesserung bei den Steuerfachangestellten ist besonders bemerkenswert vor dem Hintergrund, dass die Digitalisierung und komplexer werdende Steuergesetze neue Anforderungen an die Ausbildung stellen. Die positive Bewertung deutet darauf hin, dass viele Steuerkanzleien diese Herausforderungen erfolgreich gemeistert haben.

Ranking und Bewertung der Steuerfachangestellten

Aufstieg in die Spitzengruppe

Die Ausbildung zum/zur Steuerfachangestellten erreichte im Jahr 2025 den fünften Platz unter den 25 untersuchten Ausbildungsberufen. Diese Platzierung stellt eine deutliche Verbesserung gegenüber den Vorjahren dar und katapultiert den Beruf in die Gruppe der am besten bewerteten Ausbildungen.

Bei der spezifischen Bewertung der fachlichen Qualität der Ausbildung im Betrieb belegen Steuerfachangestellte sogar den sechsten Rang. Diese Position unterstreicht, dass die Steuerkanzleien nicht nur theoretisches Wissen vermitteln, sondern auch praktische Fertigkeiten erfolgreich entwickeln.

Das Ranking basiert auf einer umfassenden Bewertung verschiedener Qualitätskriterien, darunter die Einhaltung von Ausbildungsplänen, die fachliche Betreuung durch Ausbilder, die Vermeidung ausbildungsfremder Tätigkeiten sowie die Zufriedenheit der Auszubildenden mit den Arbeitsbedingungen.

Vergleich mit anderen Berufen

Die Spitzenplätze im Gesamtranking belegen wie in den Vorjahren Industriemechaniker und Fachinformatiker, gefolgt von Verwaltungsfachangestellten und Mechatronikern. Die Steuerfachangestellten reihen sich nun in diese Spitzengruppe ein, was die erfolgreiche Professionalisierung der Ausbildung in der Steuerberatung belegt.

Im Vergleich zu Berufen wie Friseur, Verkäufer oder Koch, die traditionell die hinteren Plätze belegen, zeigt sich bei den Steuerfachangestellten eine konstant hohe Ausbildungsqualität. Besonders bemerkenswert ist die Verbesserung gegenüber anderen kaufmännischen Berufen, die teilweise schlechter abschneiden.

Die positive Entwicklung ist umso bedeutsamer, als sie gegen den Trend steht. Viele traditionelle Ausbildungsberufe kämpfen mit strukturellen Problemen und schlechten Arbeitsbedingungen, während die Steuerberatung offensichtlich erfolgreiche Reformen umgesetzt hat.

Qualitätskriterien und Ausbildungsbedingungen

Fachliche Qualität der Ausbildung

Die hohe Bewertung der fachlichen Qualität bei Steuerfachangestellten resultiert aus mehreren Faktoren. Steuerkanzleien haben in den vergangenen Jahren verstärkt in die Ausbildungsqualität investiert, strukturierte Ausbildungspläne entwickelt und die Betreuung durch qualifizierte Ausbilder verbessert.

Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist die systematische Einbindung der Auszubildenden in reale Mandate und Steuerverfahren. Anders als in vielen anderen Bereichen erhalten angehende Steuerfachangestellte früh Verantwortung für konkrete Aufgaben und können das erlernte Wissen direkt in der Praxis anwenden.

Die Digitalisierung der Steuerberatung hat paradoxerweise zu einer Verbesserung der Ausbildungsqualität beigetragen. Moderne Software-Tools ermöglichen es, Lernfortschritte besser zu dokumentieren und individuellere Ausbildungswege zu gestalten.

Vermeidung ausbildungsfremder Tätigkeiten

Ein wichtiger Qualitätsindikator ist die Vermeidung ausbildungsfremder Tätigkeiten. Im Gesamtdurchschnitt müssen 14,7 Prozent aller Auszubildenden regelmäßig Aufgaben verrichten, die nicht zu ihrer Ausbildung gehören. Bei den Steuerfachangestellten liegt dieser Wert deutlich niedriger.

Dies ist besonders bemerkenswert, da kleinere Steuerkanzleien oft vielfältige administrative Aufgaben haben. Die positive Bewertung deutet darauf hin, dass auch solche Tätigkeiten erfolgreich in den Ausbildungskontext integriert werden können, wenn sie sinnvoll mit den Lernzielen verknüpft sind.

Die klare Struktur der steuerlichen Arbeitsabläufe erleichtert es den Ausbildungsbetrieben, einen nachvollziehbaren roten Faden durch die dreijährige Ausbildung zu ziehen und die verschiedenen Facetten der Steuerberatung systematisch zu vermitteln.

Herausforderungen auf dem Ausbildungsmarkt

Demographischer Wandel und Fachkräftemangel

Trotz der positiven Entwicklung bei den Steuerfachangestellten zeigt der DGB-Ausbildungsreport 2025 alarmierende Trends auf dem deutschen Ausbildungsmarkt. Fast jeder fünfte junge Mensch bleibt ohne abgeschlossene Berufsausbildung, was insgesamt 2,9 Millionen Menschen in der Altersgruppe von 20 bis 34 Jahren betrifft.

Für die Steuerberatungsbranche, die bereits jetzt unter Fachkräftemangel leidet, ist diese Entwicklung besonders problematisch. Die verbesserte Ausbildungsqualität kann dazu beitragen, mehr junge Menschen für den Beruf zu gewinnen und langfristig zu binden.

Die sinkende Ausbildungsbeteiligung der Unternehmen insgesamt - nur noch 18,8 Prozent aller Betriebe bilden aus - macht die Steuerkanzleien, die weiterhin ausbilden, zu wichtigen Partnern bei der Fachkräftesicherung.

Finanzielle Situation der Auszubildenden

Ein kritischer Punkt des Ausbildungsreports ist die finanzielle Situation der Auszubildenden. 62,8 Prozent aller Befragten geben an, von ihrer Ausbildungsvergütung nicht selbstständig leben zu können. Dieser Anteil ist gegenüber 2020 um fast 6 Prozentpunkte gestiegen.

Für angehende Steuerfachangestellte ist dies besonders relevant, da sie oft in urbanen Gebieten ausgebildet werden, wo die Lebenshaltungskosten hoch sind. Gleichzeitig bietet die Steuerberatungsbranche im Vergleich zu anderen Bereichen oft überdurchschnittliche Ausbildungsvergütungen.

Die Gewerkschaften fordern eine Erhöhung der Mindestausbildungsvergütung auf mindestens 834 Euro im ersten Ausbildungsjahr. Viele Steuerkanzleien zahlen bereits jetzt deutlich mehr, was zur guten Bewertung des Berufs beitragen dürfte.

Zugangsvoraussetzungen und Bewerbungsprozess

Anforderungen und Qualifikationen

Der Schwerpunkt des diesjährigen Ausbildungsreports liegt auf Zugangsvoraussetzungen und Hürden beim Übergang von der Schule in die Ausbildung. Für angehende Steuerfachangestellte sind die Anforderungen in den vergangenen Jahren gestiegen, was sich jedoch positiv auf die Ausbildungsqualität ausgewirkt hat.

Die meisten Steuerkanzleien erwarten heute mindestens einen Realschulabschluss, viele bevorzugen sogar Bewerber mit Fachabitur oder Abitur. Diese höheren Anforderungen korrespondieren mit der gestiegenen Komplexität des Steuerrechts und der zunehmenden Digitalisierung.

Praktika spielen bei der Ausbildungsplatzsuche eine wichtige Rolle. 27,2 Prozent aller Auszubildenden fanden durch Praktika zu ihrem Ausbildungsplatz. In der Steuerberatung ermöglichen Praktika es Interessenten, die vielfältigen Aufgabenbereiche kennenzulernen und realistische Erwartungen zu entwickeln.

Bewerbungsverfahren und Erfolgsfaktoren

Die Befragung zeigt, dass Familie und Freunde die wichtigste Unterstützung bei der Ausbildungsplatzsuche bieten (49,7 Prozent). Für die Steuerberatung bedeutet dies, dass positive Erfahrungen von Auszubildenden und Mitarbeitern eine wichtige Rolle bei der Nachwuchsgewinnung spielen.

Webseiten im Internet sind für 32,9 Prozent der Ausbildungssuchenden hilfreich. Steuerkanzleien sollten daher ihre Online-Präsenz pflegen und authentische Einblicke in den Arbeitsalltag bieten. Auch soziale Medien gewinnen an Bedeutung, werden aber noch von zu wenigen Kanzleien strategisch genutzt.

Die Erfolgsquote bei Bewerbungen ist im Durchschnitt hoch: 55,2 Prozent aller abgegebenen Bewerbungen führen zu einer Ausbildungsplatz-Zusage. Dies unterstreicht die grundsätzlich guten Chancen qualifizierter Bewerber auf dem Ausbildungsmarkt.

Betriebsgröße und Ausbildungsqualität

Einfluss der Kanzleigröße

Der Ausbildungsreport bestätigt den bekannten Zusammenhang zwischen Betriebsgröße und Ausbildungsqualität: Je größer der Betrieb, desto höher die Zufriedenheit der Auszubildenden. Dies gilt auch für Steuerkanzleien, wobei auch kleinere Kanzleien durch persönliche Betreuung punkten können.

Große Steuerkanzleien verfügen über strukturierte Ausbildungsprogramme, spezialisierte Ausbilder und können verschiedene Fachbereiche systematisch durchlaufen lassen. Sie haben auch eher Betriebs- oder Personalräte sowie Jugend- und Auszubildendenvertretungen, die auf die Einhaltung von Ausbildungsstandards achten.

Kleinere Kanzleien können hingegen durch eine besonders intensive persönliche Betreuung und die frühe Übertragung von Verantwortung überzeugen. Die gute Gesamtbewertung der Steuerfachangestellten deutet darauf hin, dass beide Modelle erfolgreich sein können.

Zukunftsperspektiven und Empfehlungen

Trends in der Ausbildung

Die positive Entwicklung bei den Steuerfachangestellten zeigt, dass gezielte Investitionen in die Ausbildungsqualität sich auszahlen. Die Branche hat erkannt, dass gut ausgebildete Fachkräfte angesichts des demografischen Wandels und der Digitalisierung unverzichtbar sind.

Zukünftige Herausforderungen liegen in der Integration neuer Technologien in die Ausbildung, der Entwicklung digitaler Kompetenzen und der Anpassung an sich wandelnde Mandantenbedürfnisse. Die bisherigen Erfolge zeigen jedoch, dass die Steuerberatung diese Aufgaben erfolgreich bewältigen kann.

Die verbesserte Übernahmeperspektive - 74 Prozent der Auszubildenden mit Übernahmeperspektive erhalten unbefristete Angebote - macht den Beruf für junge Menschen attraktiver und trägt zur Fachkräftesicherung bei.

Handlungsempfehlungen für Kanzleien

Steuerkanzleien sollten die positive Entwicklung nutzen, um ihre Position als attraktive Ausbildungsbetriebe weiter zu stärken. Dazu gehören eine systematische Ausbildungsplanung, die regelmäßige Evaluation der Ausbildungsqualität und die kontinuierliche Weiterbildung der Ausbilder.

Die Digitalisierung bietet Chancen für innovative Ausbildungsformate wie E-Learning-Module, digitale Lernplattformen und moderne Prüfungsvorbereitungen. Gleichzeitig sollte der persönliche Kontakt zwischen Ausbildern und Auszubildenden nicht vernachlässigt werden.

Eine faire Ausbildungsvergütung und klare Übernahmeperspektiven sind wichtige Faktoren für die Nachwuchsgewinnung. Kanzleien sollten zudem ihre Ausbildungsqualität aktiv kommunizieren und als Wettbewerbsvorteil bei der Mandantengewinnung nutzen.

Zusammenfassung

Der DGB-Ausbildungsreport 2025 bescheinigt der Ausbildung zum/zur Steuerfachangestellten eine bemerkenswerte Qualitätsverbesserung. Mit Platz 5 im Gesamtranking gehört der Beruf zu den am besten bewerteten Ausbildungen in Deutschland. Diese Entwicklung ist das Ergebnis gezielter Investitionen in die Ausbildungsqualität und zeigt, dass die Steuerberatungsbranche die Herausforderungen der Digitalisierung und des Fachkräftemangels erfolgreich angeht.

Die positive Bewertung basiert auf verschiedenen Faktoren: einer systematischen Ausbildungsplanung, der Vermeidung ausbildungsfremder Tätigkeiten, einer guten fachlichen Betreuung und überdurchschnittlichen Arbeitsbedingungen. Trotz steigender Anforderungen an die Bewerber gelingt es der Branche, qualifizierte Nachwuchskräfte zu gewinnen und langfristig zu binden.

Vor dem Hintergrund der dramatischen Lage auf dem deutschen Ausbildungsmarkt - mit 2,9 Millionen jungen Menschen ohne Berufsabschluss und sinkender Ausbildungsbeteiligung der Unternehmen - ist der Erfolg der Steuerfachangestellten-Ausbildung ein positives Signal. Er zeigt, dass mit dem richtigen Engagement und einer systematischen Herangehensweise hochwertige Ausbildung auch in anspruchsvollen Berufsfeldern möglich ist.

Die Herausforderungen bleiben dennoch groß: Die finanzielle Situation vieler Auszubildender ist prekär, der Zugang zur Ausbildung ist von sozialen Faktoren abhängig, und die regionalen Passungsprobleme auf dem Ausbildungsmarkt bestehen fort. Die Steuerberatungsbranche kann jedoch als Vorbild dienen, wie durch kontinuierliche Qualitätsverbesserung und Engagement für den Nachwuchs diese Herausforderungen erfolgreich bewältigt werden können.

Quelle: DGB-Ausbildungsreport 2025

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