Steuerbetrug im Visier: So ermitteln Finanzbehörden

Steuerbetrug im Visier: So ermitteln Finanzbehörden

Julia Müller

Julia Müller

Lesezeit ca. 5 Minuten / veröffentlicht am

Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Wer Steuern hinterzieht, muss gemäß Paragraph 370 der Abgabenordnung (AO) mit Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren oder erheblichen Geldstrafen rechnen. Dennoch entgehen dem deutschen Fiskus jährlich schätzungsweise 125 Milliarden Euro durch Schwarzarbeit und Steuerbetrug, wie aus Untersuchungen der University of London aus dem Jahr 2019 hervorgeht. Die Finanzbehörden setzen daher zunehmend auf effektive Ermittlungsmethoden, um Steuerhinterziehung aufzudecken.

Übersicht der Ermittlungsinstrumente

Die deutsche Finanzverwaltung verfügt über ein umfassendes Instrumentarium zur Aufdeckung von Steuerbetrug. Von Kontoabfragen über Betriebsprüfungen bis hin zum internationalen Datenaustausch – die Möglichkeiten der Behörden haben sich in den vergangenen Jahren erheblich erweitert. Die Digitalisierung spielt dabei eine zentrale Rolle: Moderne Datenanalyse-Verfahren und der elektronische Informationsaustausch zwischen Institutionen und Ländern machen es Steuerhinterziehern immer schwerer, unentdeckt zu bleiben.

Kontoabfragen als zentrales Ermittlungsinstrument

Der rechtliche Rahmen und Ablauf der Kontoabfrage

Wie die Lohnsteuerhilfe Bayern (Lohi) berichtet, ist die Zahl der behördlichen Kontenabfragen in den letzten Jahren drastisch gestiegen. Von 58.000 Abfragen im Jahr 2010 auf 1.142.926 im Jahr 2023, wovon etwa 294.000 von den Finanzämtern selbst veranlasst wurden. Die rechtliche Grundlage für diese Maßnahme findet sich in der Abgabenordnung.

Das Verfahren folgt einem klaren Ablauf: Zunächst fordert das Finanzamt im Rahmen eines Steuerermittlungsverfahrens den Steuerpflichtigen auf, erforderliche Auskünfte zu erteilen. Kommt der Steuerpflichtige dieser Aufforderung nicht nach oder bestehen Zweifel an der Plausibilität der gemachten Angaben, kann das Bundeszentralamt für Steuern im Auftrag des Finanzamts oder der Steuerfahndung einen Kontenabruf durchführen.

Umfang und Grenzen der Kontoabfrage

Bei einer Kontoabfrage erfährt das Finanzamt zunächst nur, bei welchen Geldinstituten die betreffende Person Konten oder Depots unterhält. Informationen über Kontostände oder Kontobewegungen werden in diesem Schritt nicht übermittelt. Um detailliertere Einblicke zu erhalten, muss sich die Behörde in einem weiteren Schritt direkt an das jeweilige Kreditinstitut wenden.

Können die dann offengelegten Kontostände und Transaktionen nicht mit den in der Steuererklärung gemachten Angaben in Einklang gebracht werden, leitet das Finanzamt weitere Untersuchungen ein. Dieser mehrstufige Prozess gewährleistet sowohl die Effektivität der Ermittlungen als auch einen gewissen Schutz der Privatsphäre der Steuerpflichtigen.

Weitere Ermittlungswege bei Steuerhinterziehung

Betriebsprüfungen als Aufdeckungsinstrument

Ein klassisches Instrument zur Aufdeckung von Steuerunregelmäßigkeiten ist die Betriebsprüfung. In regelmäßigen Abständen untersuchen Betriebsprüfer die Bücher und Konten von Unternehmen. Dabei werden neben den Einnahmen und Ausgaben auch Löhne und Gehälter einer genauen Prüfung unterzogen.

Im Rahmen dieser Prüfungen können verschiedene Arten von Steuerhinterziehung aufgedeckt werden. Ein typisches Beispiel ist die fehlende Versteuerung eines Dienstwagens nach der Ein-Prozent-Methode bei privater Nutzung. Ebenso problematisch ist die doppelte Geltendmachung von Reisekosten – einmal durch Erstattung seitens des Arbeitgebers und ein weiteres Mal als Werbungskosten in der persönlichen Steuererklärung des Arbeitnehmers.

Datenabgleich und externe Informationsquellen

Die Finanzbehörden greifen auf verschiedene Datenquellen zurück, um Steuerbetrug aufzudecken:

  1. Sozialversicherungsangaben: Arbeitgeber melden Löhne, Gehälter und Sozialversicherungsbeiträge direkt an das Finanzamt. Dadurch fallen Falschangaben in der Steuererklärung sofort auf. Auch über Leistungsbezüge wie Arbeitslosen-, Kranken-, Eltern- und Kurzarbeitergeld sind die Behörden informiert. Gleiches gilt für Rentenzahlungen und Beiträge zu Riester- oder Rürup-Verträgen.

  2. Whistleblower: Nicht selten erhält das Finanzamt Hinweise von anonymen Informanten. Diese sind häufig ehemalige Ehepartner oder entlassene Mitarbeiter. In Baden-Württemberg wurde bereits ein digitales Hinweisgeberportal für Steuerbetrug eingerichtet, ähnliche Portale sind in anderen Bundesländern geplant.

  3. Notarielle Meldepflichten: Notare sind verpflichtet, dem Finanzamt innerhalb von 14 Tagen sämtliche Immobilientransaktionen mitzuteilen. Diese Meldungen umfassen auch die persönlichen Daten der beteiligten Parteien und dienen als Grundlage für die Erhebung von Grunderwerbsteuer, gegebenenfalls auch von Erbschaft- oder Spekulationssteuer.

Internationale Kooperation und digitale Plattformen

Die internationale Dimension der Steuerermittlung hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen:

  1. Internationaler Konteninformationsaustausch: Das Verstecken von Vermögen im Ausland wird zunehmend schwieriger. Deutschland hat mit zahlreichen Ländern Abkommen zum automatischen Konteninformationsaustausch geschlossen, wodurch ausländische Konten deutscher Steuerpflichtiger den heimischen Finanzbehörden bekannt werden.

  2. Überwachung digitaler Plattformen: Auch digitale Marktplätze wie Ebay oder Vermittlungsportale wie Airbnb tauschen regelmäßig Transaktionsdaten mit dem Finanzamt aus. Gewinne aus solchen Plattformaktivitäten sind steuerlich zu deklarieren, wobei private Veräußerungsgeschäfte bis zu einem Gesamtbetrag von 1.000 Euro pro Jahr steuerfrei bleiben.

Zusammenfassung und Ausblick

Die Methoden zur Aufdeckung von Steuerbetrug haben sich in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt. Behördliche Kontoabfragen, Betriebsprüfungen, der Abgleich von Sozialversicherungsdaten und internationale Kooperationen bilden ein dichtes Netz, das Steuerhinterziehern das Leben zunehmend schwer macht. Die Digitalisierung verstärkt diesen Trend, indem sie den automatisierten Informationsaustausch zwischen verschiedenen Behörden und über Ländergrenzen hinweg erleichtert.

Für Steuerpflichtige bedeutet dies, dass Transparenz und Compliance wichtiger denn je sind. Die hohen Strafen – bis zu fünf Jahre Freiheitsentzug – unterstreichen die gesellschaftliche Ächtung von Steuerbetrug. Für die steuerberatenden Berufe ergeben sich hieraus wichtige Beratungsfelder: die präventive Aufklärung der Mandanten über ihre steuerlichen Pflichten sowie die fachkundige Begleitung bei steuerlichen Ermittlungsverfahren.

Die Entwicklung geht eindeutig in Richtung einer weiteren Intensivierung des Datenaustauschs und fortschrittlicher Analysemethoden. In einer zunehmend vernetzten Welt wird die Durchsetzung steuerlicher Compliance damit zu einer gemeinsamen Aufgabe von Steuerpflichtigen, Beratern und Behörden.

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