Kirchensteuer: Regionale Unterschiede und Gestaltungsspielräume

Kirchensteuer: Regionale Unterschiede und Gestaltungsspielräume

Julia Müller

Julia Müller

Lesezeit ca. 4 Minuten / veröffentlicht am

In Deutschland ist die Kirchensteuer für Mitglieder anerkannter Religionsgemeinschaften ein fester Bestandteil des Steuersystems. Für Steuerberater und Mandanten gleichermaßen relevant sind die unterschiedlichen regionalen Regelungen, Optimierungsmöglichkeiten und Besonderheiten bei der Abführung dieser Steuer. Dieser Artikel beleuchtet wichtige Aspekte der Kirchensteuer und zeigt Gestaltungsspielräume auf.

Übersicht zur Kirchensteuer

Die Kirchensteuer wird in Deutschland von Mitgliedern steuererhebungsberechtigter Religionsgemeinschaften entrichtet. Sie ist ein Zuschlag zur Einkommensteuer und variiert je nach Bundesland zwischen acht und neun Prozent. In Bayern und Baden-Württemberg beträgt der Satz acht Prozent, während in den übrigen Bundesländern neun Prozent der Einkommensteuer als Kirchensteuer erhoben werden. Diese wird in der Regel automatisch vom Arbeitgeber einbehalten und an das Finanzamt abgeführt.

Für die Kirchensteuer gilt eine Besonderheit im Steuerrecht: Sie kann als Sonderausgabe in der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden, wenn die Religionsgemeinschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt ist. Dies führt zu einer Verringerung der Steuerlast und sollte bei der Steuerplanung berücksichtigt werden.

Kirchensteuer in der steuerlichen Praxis

Regionale Unterschiede und Kappungsgrenzen

Die föderale Struktur Deutschlands spiegelt sich auch in der Kirchensteuergesetzgebung wider. Neben den unterschiedlichen Steuersätzen existieren auch verschiedene Regelungen zur Kappung der Kirchensteuer. Diese Kappungsgrenze ist besonders für Bezieher höherer Einkommen relevant, da sie die Kirchensteuerlast begrenzen kann.

Für Topverdiener besteht die Möglichkeit, die Kirchensteuer auf 2,75 bis 4,0 Prozent des zu versteuernden Einkommens zu begrenzen. Diese Kappung kommt zur Anwendung, wenn die reguläre Kirchensteuer etwa drei Prozent des zu versteuernden Einkommens übersteigt.

In Baden-Württemberg, Hessen, Saarland, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz ist die Kappung auf Antrag bei der zuständigen Diözese oder Landeskirche möglich. In anderen Bundesländern erfolgt die Kappung entweder automatisch durch die Finanzverwaltung, oder sie ist – wie in Bayern – grundsätzlich nicht vorgesehen. Hier sollten Steuerberater ihre Mandanten gezielt auf die regionalen Besonderheiten hinweisen.

Kirchensteuer auf Kapitalerträge

Seit 2015 gelten besondere Regelungen für die Kirchensteuer auf Kapitalerträge. Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften sind gesetzlich verpflichtet, die Kirchensteuer auf Kapitalerträge automatisch abzuführen. Dies erfolgt im Rahmen der Abgeltungssteuer und erfordert keine gesonderte Erklärung mehr durch den Steuerpflichtigen.

Für diesen Zweck fragen die Finanzinstitute jährlich die Konfessionsdaten ihrer Kunden beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) ab. Die auf Kapitalerträge gezahlte Kirchensteuer ist mit der Abführung vollständig abgegolten und kann nicht als Sonderausgabe in der Steuererklärung berücksichtigt werden.

Steuerpflichtige haben allerdings die Möglichkeit, gegen diese automatische Abführung Widerspruch einzulegen. Durch einen sogenannten Sperrvermerk, der bis zum 30. Juni eines Jahres beim BZSt eingereicht werden muss, kann verhindert werden, dass die Konfessionsdaten an die Finanzinstitute übermittelt werden. In diesem Fall besteht jedoch die Verpflichtung, die Kirchensteuer auf Kapitalerträge im Rahmen der persönlichen Einkommensteuererklärung anzugeben.

Korrekturmöglichkeiten bei Fehlberechnungen

In der Praxis kommt es gelegentlich zu Fehlern bei der Berechnung der Kirchensteuer. Steuerpflichtige haben das Recht, gegen fehlerhafte Berechnungen Einspruch einzulegen. Dabei ist zu unterscheiden, ob der Fehler bei der Berechnung der Einkommensteuer oder bei der Kirchensteuer selbst aufgetreten ist.

Bei Fehlern in der Einkommensteuerberechnung ist das Finanzamt der richtige Ansprechpartner. Wurde hingegen die Kirchensteuer selbst falsch berechnet, muss der Einspruch gegen den Kirchensteuerbescheid gerichtet und an das zuständige Kirchensteueramt übermittelt werden. Die Einspruchsfrist beträgt in beiden Fällen einen Monat nach Bekanntgabe des jeweiligen Bescheids.

Für Steuerberater empfiehlt es sich, die Kirchensteuerberechnungen ihrer Mandanten regelmäßig zu überprüfen, insbesondere bei komplexeren Einkommenssituationen oder bei Mandanten mit Wohnsitz in verschiedenen Bundesländern während des Veranlagungszeitraums.

Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen

Die Kirchensteuer stellt einen nicht zu unterschätzenden Faktor in der steuerlichen Beratung dar. Durch ihre regionale Differenzierung und die verschiedenen Optimierungsmöglichkeiten bietet sie Gestaltungspotenzial, das im Rahmen einer umfassenden Steuerberatung berücksichtigt werden sollte.

Besondere Bedeutung kommt dabei den Kappungsgrenzen für Bezieher höherer Einkommen zu, die je nach Bundesland unterschiedlich gehandhabt werden. Auch die Sonderregelungen für Kapitalerträge mit der Möglichkeit eines Sperrvermerks beim BZSt sollten in der Beratungspraxis Beachtung finden.

Für kirchensteuerpflichtige Mandanten ist zudem die vollständige Absetzbarkeit der Kirchensteuer als Sonderausgabe ein wichtiger Aspekt, der zur Steueroptimierung genutzt werden kann. Bei Fehlern in der Berechnung sollten Steuerberater ihre Mandanten auf die unterschiedlichen Zuständigkeiten von Finanzamt und Kirchensteueramt hinweisen und bei der Durchsetzung berechtigter Ansprüche unterstützen.

Nicht zuletzt empfiehlt sich bei speziellen Fragen zur Kirchensteuer oder bei Änderungen der persönlichen Verhältnisse eines Mandanten eine individuelle Beratung, die die regionalen Besonderheiten und die persönliche Situation des Steuerpflichtigen berücksichtigt.

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