Kapitalverluste und Steuern: Strategien zur optimalen Verlustverrechnung

Kapitalverluste und Steuern: Strategien zur optimalen Verlustverrechnung

Julia Müller

Julia Müller

Lesezeit ca. 5 Minuten / veröffentlicht am

Die Finanzmärkte sind volatil – Kursschwankungen und Verluste gehören zum Alltag der Kapitalanlage. Umso wichtiger ist es, die steuerlichen Möglichkeiten der Verlustverrechnung zu kennen und zu nutzen. Mit dem Jahressteuergesetz 2024 haben sich wichtige Änderungen ergeben, die allen Anlegern zugutekommen können. Dieser Artikel erklärt die aktuellen Regelungen zur Verlustverrechnung und zeigt, wie Kapitalanleger ihre Steuerlast optimieren können.

Übersicht zur Verlustverrechnung bei Kapitalanlagen

Bei Kapitalanlagen gilt der Grundsatz: Nur realisierte Verluste können steuerlich geltend gemacht werden. Während Kursverluste auf dem Papier steuerlich nicht relevant sind, können Verluste, die durch den tatsächlichen Verkauf von Wertpapieren entstehen, mit entsprechenden Gewinnen verrechnet werden. Das Steuersystem unterscheidet dabei zwischen verschiedenen Anlageformen und kennt spezifische Verrechnungsmöglichkeiten.

Die steuerliche Behandlung von Verlusten bei Kapitalanlagen erfolgt im Rahmen der Abgeltungssteuer, die mit einem pauschalen Satz von 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer erhoben wird. Entscheidend für die optimale Steuergestaltung ist das Verständnis der verschiedenen "Verlusttöpfe" und deren Verrechnungsmöglichkeiten sowie die Kenntnis der jüngsten gesetzlichen Änderungen.

Neuerungen durch das Jahressteuergesetz 2024

Wegfall der Verlustverrechnungsbeschränkungen

Eine bedeutende Änderung durch das Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) betrifft die Verlustverrechnung bei Totalverlusten und wertlosen Kapitalanlagen. Die seit 2021 bestehende Beschränkung, wonach Verluste aus Totalausfällen nur bis zu einem Betrag von 20.000 Euro mit Gewinnen verrechnet werden konnten, ist weggefallen. Dies umfasst verschiedene Szenarien:

  • Verluste aus Ausbuchungen wertloser Wertpapiere
  • Verkäufe von Wertpapieren zu 0,00 Euro
  • Wertlose Fälligkeiten bei Optionen und Knock-out-Produkten

Diese Änderung gilt rückwirkend und ermöglicht Anlegern, Totalverluste wieder unbegrenzt mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen zu verrechnen. Der Gesetzgeber reagiert damit auf verfassungsrechtliche Bedenken, die der Bundesfinanzhof gegenüber der beschränkten Verlustverrechnung geäußert hatte.

Bemerkenswert ist jedoch, dass Depotbanken für die technische Umsetzung dieser Neuregelung bis Ende 2025 Zeit haben. Anleger sollten daher ihre Jahressteuerbescheinigungen genau prüfen. Ist ein Verlust oder Totalverlust von der Depotbank nicht vollständig berücksichtigt worden, können Anleger dies in ihrer Steuererklärung korrigieren.

Beibehaltung der getrennten Verlustverrechnungskreise

Trotz der Verbesserungen durch das JStG 2024 bleibt eine wesentliche Einschränkung bestehen: Die seit 2009 geltende gattungsgleiche Verlustverrechnung für Aktiengeschäfte wurde nicht aufgehoben. Dies bedeutet, dass Verluste aus Aktienverkäufen nach wie vor nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden dürfen.

Diese Regelung führt in der Praxis zu zwei separaten Verlustverrechnungskreisen:

  1. Aktienverlustverrechnungstopf:

    • Enthält ausschließlich Gewinne und Verluste aus Aktientransaktionen
    • Verluste können nur mit Aktiengewinnen verrechnet werden
    • Aktiengewinne hingegen können mit allen anderen Kapitalverlusten verrechnet werden
  2. Allgemeiner Verlustverrechnungstopf:

    • Umfasst Gewinne und Verluste aus allen anderen Kapitalanlagen
    • Hierzu zählen ETFs, Investmentfonds, Anleihen, Zinserträge und Dividenden

Ob diese Trennung verfassungskonform ist, wird derzeit vom Bundesverfassungsgericht geprüft (Az.: 2 BvL 3/21). Eine Entscheidung steht noch aus.

Praktische Durchführung der Verlustverrechnung

Automatische Verrechnung bei einer Depotbank

Bei Wertpapierdepots bei einer einzigen Bank erfolgt die Verlustverrechnung automatisch. Die Depotbank berücksichtigt dabei die gesetzlichen Vorgaben:

  • Verluste werden zunächst mit Gewinnen desselben Jahres verrechnet
  • Nicht verrechnete Verluste werden ins Folgejahr übertragen
  • Die Bank stellt eine jährliche Steuerbescheinigung aus, die alle relevanten Informationen enthält

Die Bank behält von den Kapitalerträgen pauschal 25 Prozent Abgeltungsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer ein und führt diese Beträge an das Finanzamt ab. Zuvor werden allerdings eventuelle Verluste und der Sparerpauschbetrag (1.000 Euro für Einzelpersonen, 2.000 Euro für zusammenveranlagte Ehepaare) berücksichtigt.

Verlustverrechnung bei mehreren Depotbanken

Komplexer wird die Situation, wenn ein Anleger Depots bei mehreren Banken unterhält. In diesem Fall sind folgende Schritte für eine optimale Verlustverrechnung notwendig:

  1. Beantragung einer Verlustbescheinigung:

    • Bei jeder Bank, bei der Verluste entstanden sind
    • Fristende: 15. Dezember des jeweiligen Jahres
    • Ohne Antrag werden die Verluste automatisch ins Folgejahr übertragen
  2. Durchführung über die Steuererklärung:

    • Ausfüllen der Anlage KAP
    • Einreichen der Verlustbescheinigungen aller Banken
    • Nachweisen aller realisierten Verluste

Auf diesem Weg können über die Steuererklärung die bescheinigten Verluste mit positiven Kapitalerträgen von anderen Kreditinstituten verrechnet werden. Dies ermöglicht eine institutsübergreifende Optimierung der Steuerlast.

Auch Verluste aus Kapitalanlagen bei ausländischen Depotbanken können berücksichtigt werden. Hierfür müssen dem Finanzamt detaillierte Erträgnisaufstellungen und Steuerreports nach deutschem Steuerrecht vorgelegt werden.

Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen

Die steuerliche Behandlung von Wertpapierverlusten hat sich durch das Jahressteuergesetz 2024 teilweise verbessert. Während Totalverluste nun wieder unbegrenzt mit anderen Kapitalerträgen verrechnet werden können, bleibt die Trennung zwischen Aktienverlusten und anderen Kapitalverlusten bestehen.

Für Anleger ergeben sich folgende Handlungsempfehlungen:

  1. Steuerbescheinigungen prüfen: Da Banken bis Ende 2025 Zeit für die Umsetzung der Neuregelungen haben, sollten die ausgewiesenen steuerpflichtigen Erträge in der Jahressteuerbescheinigung besonders geprüft werden.

  2. Verlustbescheinigungen rechtzeitig beantragen: Bei mehreren Depots ist die Beantragung von Verlustbescheinigungen bis zum 15. Dezember essenziell für eine optimale Verlustverrechnung.

  3. Steuererklärung vollständig ausfüllen: Durch die Abgabe der Anlage KAP können nicht nur Verluste verrechnet, sondern auch ein nicht beanspruchter Sparerpauschbetrag nachträglich geltend gemacht werden.

  4. Eventuell Rechtsänderungen abwarten: Da das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsmäßigkeit der getrennten Verlustverrechnungskreise entscheiden wird, könnten sich zukünftig weitere Verbesserungen ergeben.

Die korrekte Verlustverrechnung stellt einen wichtigen Baustein der steuerlichen Optimierung bei Kapitalanlagen dar. Durch die Kenntnis der aktuellen Regelungen und deren gezielte Anwendung können Anleger ihre Steuerlast reduzieren und die Rendite ihrer Kapitalanlagen verbessern.

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