Immobilienübertragung: Strategische Planung zur Optimierung der Schenkungssteuer

Immobilienübertragung: Strategische Planung zur Optimierung der Schenkungssteuer

Julia Müller

Julia Müller

Lesezeit ca. 4 Minuten / veröffentlicht am

Übersicht

Die Übertragung von Immobilienvermögen – sei es durch Schenkung oder im Erbfall – hat sich zu einem steuerlich komplexen Thema entwickelt. Besonders seit den Änderungen der Bewertungsverfahren im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 stehen Eigentümer und ihre steuerlichen Berater vor neuen Herausforderungen. Die Bewertungsgrundlagen wurden angepasst, um eine marktgerechtere Ermittlung der Immobilienwerte zu gewährleisten. Diese Anpassungen führen in vielen Fällen zu höheren Bemessungsgrundlagen für die Schenkungssteuer und Erbschaftsteuer, während die steuerlichen Freibeträge seit 15 Jahren unverändert geblieben sind. Für Immobilieneigentümer und deren Berater wird dadurch eine vorausschauende Nachfolgeplanung immer wichtiger, um die steuerliche Belastung im Rahmen einer Übertragung zu optimieren.

Die veränderte Bewertung von Immobilien

Anpassungen der Bewertungsverfahren

Die Änderungen im Bewertungsgesetz betreffen insbesondere das Sachwertverfahren und das Ertragswertverfahren. Beim Sachwertverfahren, das hauptsächlich für Einfamilienhäuser und selbst genutzte Eigentumswohnungen Anwendung findet, wurde der Sachwertfaktor angepasst. Dieser Faktor gleicht den baulichen Wert einer Immobilie an regionale Verkaufserlöse an und sorgt damit für eine realitätsnähere Bewertung.

Das Ertragswertverfahren, das vorwiegend bei vermieteten Immobilien zum Einsatz kommt, erfuhr ebenfalls bedeutende Änderungen. Hier wurden der Liegenschaftszins – eine Kennzahl für die prognostizierte Wertentwicklung einer Immobilie am jeweiligen Standort – sowie die abziehbaren Bewirtschaftungskosten angepasst. Zusätzlich wurde ein Regionalfaktor eingeführt, der Unterschiede zwischen dem bundesdurchschnittlichen und dem regionalen Baukostenniveau berücksichtigt.

Eine weitere wesentliche Änderung betrifft die Gesamtnutzungsdauer für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Wohneigentum, die von 70 auf 80 Jahre erhöht wurde. All diese Anpassungen führen in der Praxis zu höheren Immobilienwerten bei der steuerlichen Bewertung.

Auswirkungen auf die Steuerlast

Die Bewertungsänderungen können zu einer deutlich erhöhten Steuerbelastung führen, da der Immobilienwert als Bemessungsgrundlage für die Schenkungssteuer beziehungsweise Erbschaftsteuer dient. Besonders problematisch ist, dass die steuerlichen Freibeträge seit nunmehr 15 Jahren nicht angepasst wurden, wodurch die effektive Steuerbelastung bei Immobilienübertragungen kontinuierlich steigt.

Für steuerberatende Berufe bedeutet dies, dass die frühzeitige Planung und Gestaltung von Immobilienübertragungen für ihre Mandanten zu einem zentralen Beratungsthema geworden ist. Die wirtschaftliche Übertragung von Immobilienvermögen erfordert eine fundierte Kenntnis der steuerlichen Rahmenbedingungen und strategische Vorausplanung.

Strategien zur steueroptimalen Immobilienübertragung

Nutzung der Freibeträge

Die bestehenden Freibeträge bei der Schenkungssteuer und Erbschaftsteuer bieten nach wie vor Gestaltungsmöglichkeiten zur Steueroptimierung. Für Ehegatten liegt der Freibetrag bei 500.000 Euro, für Kinder bei 400.000 Euro pro Elternteil, für Enkelkinder bei 200.000 Euro und für entferntere Verwandte oder Lebensgefährten bei 20.000 Euro.

Ein wesentlicher Vorteil bei Schenkungen gegenüber Erbschaften ist die Möglichkeit, diese Freibeträge alle zehn Jahre erneut in Anspruch nehmen zu können. Durch eine gestaffelte Übertragung von Immobilienvermögen über mehrere Zeiträume können Mandanten somit erhebliche steuerliche Vorteile erzielen. Der steuerberatende Beruf sollte daher mit Mandanten frühzeitig über eine langfristige Übertragungsstrategie sprechen, die die vorhandenen Freibeträge optimal ausschöpft.

Alternative Bewertungsverfahren prüfen

Obwohl die Änderungen im Bewertungsgesetz zu höheren Immobilienwerten führen können, bleibt die Option bestehen, eine Immobilie nach dem unveränderten Vergleichswertverfahren bewerten zu lassen. Dieses Verfahren leitet den Wert eines Grundstücks aus Verkehrswerten ab, die von örtlich zuständigen Gutachterausschüssen ermittelt wurden. Allerdings ist dieses Verfahren ausschließlich für Ein- und Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen und Teileigentum anwendbar – und nur dann, wenn entsprechende Vergleichsdaten zur Verfügung stehen.

Zudem besteht weiterhin die Möglichkeit, den Wert einer Immobilie durch ein Sachverständigengutachten nachzuweisen. Sachverständige oder Gutachterausschüsse können unter Umständen niedrigere Verkehrswerte feststellen, was zu einer geringeren steuerlichen Belastung führen würde. Allerdings ist zu beachten, dass Finanzämter diese Alternative zunehmend kritisch betrachten und entsprechende Gutachten eingehend prüfen.

Vorweggenommene Erbfolge gestalten

Eine frühzeitige, schrittweise Übertragung von Immobilienvermögen im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge kann nicht nur die steuerliche Belastung reduzieren, sondern auch klare Verhältnisse für alle Beteiligten schaffen. Bei der Gestaltung sollten neben steuerlichen Aspekten auch die Absicherung der Übertragenden sowie familienrechtliche Besonderheiten berücksichtigt werden.

Hierbei können Nießbrauchsrechte oder andere Nutzungsrechte eingeräumt werden, um den Übergebenden weiterhin eine angemessene Versorgung zu sichern. Auch Rückforderungsrechte für bestimmte Fälle können vereinbart werden. Die steuerliche Beratung sollte hier stets im Zusammenspiel mit einer umfassenden rechtlichen Beratung erfolgen.

Zusammenfassung

Die steueroptimierte Übertragung von Immobilienvermögen erfordert aufgrund der geänderten Bewertungsvorschriften mehr denn je eine vorausschauende Planung und fachkundige Beratung. Die unveränderten Freibeträge bei gleichzeitig gestiegenen Immobilienwerten führen zu einer erhöhten Steuerbelastung bei Schenkungen und Erbschaften.

Steuerberaterinnen und Steuerberater können ihre Mandanten dabei unterstützen, durch strategisch geplante, zeitlich gestaffelte Schenkungen, die Prüfung alternativer Bewertungsverfahren und eine umfassende Nachfolgeplanung die steuerliche Belastung zu optimieren. Eine frühzeitige Beratung schafft den notwendigen zeitlichen Spielraum, um die vorhandenen Gestaltungsmöglichkeiten optimal zu nutzen und die Vermögensnachfolge sowohl steuerlich als auch rechtlich sinnvoll zu strukturieren.

Die Komplexität der Thematik und die individuellen familiären und vermögensrechtlichen Situationen erfordern eine ganzheitliche Betrachtung, bei der steuerliche, rechtliche und wirtschaftliche Aspekte gleichermaßen berücksichtigt werden müssen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Steuerberatern, Rechtsanwälten und gegebenenfalls Sachverständigen ist daher unerlässlich, um für Mandanten maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln.

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